Nachmachen erlaubt!

von Franka Pohl

Europa hat große Ziele: Senkung der Treibhausgasemissionen, Ausbau der Erneuerbaren und Steigerung der Energieeffizienz. Deutschland hat dabei schon einige Meilensteine hinter sich gebracht. Nachwuchsjournalistin Franka nutzte den Regierungswechsel, um das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie über den Stand der Energiewende zu interviewen.

Ist Deutschland Vorbild bei der Energiewende?

Die Bundesregierung hat sich große Ziele für den Umbau der Energieversorgung gesetzt: Zukünftig soll der Hauptanteil der Energie aus erneuerbaren Energien kommen. Die Energieversorgung soll aber nicht nur sauber, sondern auch sicher und bezahlbar sein. Wenn uns dies gelingt, können wir die Vorbildfunktion für andere Länder einnehmen, die wir anstreben: Deutschland will Nachahmer in Europa und der Welt für seine nachhaltige Energiepolitik gewinnen. Denn Klima- und Ressourcenschutz funktioniert nur, wenn möglichst alle Länder mitmachen.

Welche Schritte auf dem Weg zur Energiewende werden die Schwersten?

Die Energiewende ist ein langfristiges Projekt. Wir haben bereits einige Erfolge zu verzeichnen: Deutschland gehört zu einer der wenigen Industrienationen, denen es gelungen ist, Wirtschaftswachstum und Energieverbrauch zu entkoppeln. Es ist uns auch gelungen, neue Technologien international wettbewerbsfähig zu entwickeln, insbesondere im Bereich der erneuerbaren Energien und der Effizienztechnologien. Hierdurch sind neue Geschäftsfelder und neue Arbeitsplätze entstanden. Die Erneuerbaren Energien sind von einer Nischentechnologie auf dem Weg zur bestimmenden Technologie zur Stromerzeugung in Deutschland.

Zugleich gibt es auch Herausforderungen. So müssen die Kosten der Energiewende von allen Stromverbrauchern mitfinanziert werden. Diese dürfen nicht überfordert werden. Deshalb wollen wir den Umbau der Energieversorgung so kosteneffizient wie möglich gestalten. Außerdem muss die Energieversorgung auch in Zukunft so sicher sein wie heute, trotz der vielfältigen Änderungen am Gesamtsystem.

Welche Länder sind uns auf den Fersen und von welchen können wir lernen?

Im Energiebereich gibt es einige gemeinsame Vorgaben für alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU). Die EU hat sich das Ziel gesetzt, bis 2020 einen Anteil von 20% erneuerbarer Energien am Gesamtenergieverbrauch zu erreichen. Für jeden EU-Mitgliedstaat gibt es verbindliche, individuelle Ausbauziele, damit das Gesamtziel erreicht wird. Einige Länder haben bereits aufgrund ihrer natürlichen Voraussetzungen (z.B. Wasserkraft in Gebirgsregionen wie in Österreich oder Schweden) höhere Anteile an erneuerbaren Energien als andere.

Die EU-Mitgliedstaaten wollen außerdem bis 2020 ihre Energieeffizienz um 20% steigern. So gibt es z.B. in allen EU-Staaten Bemühungen, den Energieverbrauch vor allem im Gebäude- und Verkehrssektor zu senken.

Seinen Energiemix bestimmt allerdings jeder Staat in eigener Verantwortung. Daher gibt es in der EU viele verschiedene Modelle, wie die Energiepolitik gestaltet wird. Es ist wichtig, dass die europäischen Staaten zusammenarbeiten und sich austauschen, weil dadurch bestimmte Ziele besser erreicht werden können.

Um nur einige Beispiele zu nennen: Italien, Österreich und Dänemark haben keine Kernkraftwerke. Dänemark strebt darüber hinaus an, bis 2050 von Öl, Gas und Kohle unabhängig zu werden und will bis 2020 einen Erneuerbaren-Anteil von 60% erreichen. Frankreich will seinen Anteil von Atomstrom am Strommix von heute 75% bis 2025 auf 50% reduzieren und die Erneuerbaren ausbauen.

Die Energiewende kostet Deutschland sehr viel Geld. Können wir uns das überhaupt leisten?

Klar ist, die Energiewende gibt es nicht zum Nulltarif. Der größte, aber nicht einzige, Kostenblock sind die Ausgaben für die Förderung der Erneuerbaren Energien. Umso wichtiger ist es, die Kosten so gering wie möglich zu halten. Die Bundesregierung hat deswegen bereits im Januar eine Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes angestoßen, die den Kostenanstieg dämpfen soll.

Wir wollen grünen Strom, dazu zählt auch die Gewinnung von Strom aus Sonneneinstrahlung. Welche Länder Europas könnten dabei helfen?

Um die Klimaschutz- und Erneuerbaren-Ausbauziele der EU zu erreichen, müssen alle EU-Mitgliedstaaten ihren Beitrag leisten. Dabei spielt die Stromerzeugung aus Photovoltaik-Anlagen v.a. in den südlichen Mitgliedstaaten der EU eine besondere Rolle. Die Sonne scheint dort öfter, weshalb Solaranlagen in diesen Ländern deutlich mehr Strom produzieren als in den nord- und mitteleuropäischen Ländern der EU.

Auch Wind kann zur Energiegewinnung verwendet werden. Welche Länder sind hier besonders vielversprechend?

Stromerzeugung aus Wind gewinnt in der EU immer stärkere Bedeutung. Wind-Anlagen auf dem Land haben sich inzwischen zur kostengünstigsten Erneuerbaren-Technologie entwickelt und produzieren deutlich häufiger Strom als Photovoltaik-Anlagen. Besonders küstennahe Standorte in den Mitgliedstaaten der EU bieten sich als Standorte an.

Welche alternative Energiegewinnung verspricht die größten Erfolge in ganz Europa?

Der Ausbau der erneuerbaren Energien in der EU muss in Zukunft kosteneffizienter erfolgen. Dabei hat jeder Mitgliedstaat andere natürliche und politische Voraussetzungen. Grundsätzlich erwarten wir, dass die derzeit preiswertesten Erneuerbaren-Technologien Wind Onshore und Photovoltaik die Basis für den weiteren Erneuerbaren-Ausbau in der EU darstellen dürften.

Wann kommt nur noch grüner Strom aus der Steckdose?

Nach dem Energiekonzept der Bundesregierung sollen 80% des Stromverbrauchs bis 2050 aus erneuerbaren Energien gedeckt werden. Das ist möglich; es ist aber an viele Voraussetzungen geknüpft und abhängig von technologischen wie wirtschaftlichen Entwicklungen.

Zur Wende gehört auch eine nachhaltige Einstellung der Bevölkerung: Wie überzeugen wir die Bürger von der Energiewende?

Sehr viele Bürgerinnen und Bürger wollen von sich aus mitmachen, sind und gut informiert und engagieren sich. Trotzdem kann noch mehr getan werden, gerade in den folgenden Bereichen: Der Heizbedarf von Gebäuden kann bspw. durch Sanierungsmaßnahmen, Wärmedämmungen und Heizkesselaustausch gesenkt werden. Es können energiesparende Elektroprodukte eingesetzt werden. Um Kosten für Strom und Gas zu sparen, können die Verbraucher die Anbieter wechseln. Und im Verkehrsbereich gibt es ebenfalls noch viele Möglichkeiten für die Bürgerinnen und Bürger, Treibhausgasausstoß und Kraftstoffeinsatz zu verringern.

Warum ist eine Energiewende für Europa wichtig – und was ist mit dem Rest der Welt?

Wir haben uns nicht nur national, sondern auch international und europäisch auf eine Minderung der Treibhausgase verpflichtet. Das funktioniert nur, wenn alle mitziehen. Europa hat sich Ziele zur Senkung der Treibhausgasemissionen, zum Ausbau der Erneuerbaren und zur Steigerung der Energieeffizienz gesetzt. Damit ist Europa ein Vorreiter für den Rest der Welt. Die deutsche Energiewende trägt maßgeblich dazu bei, die europäischen Ziele zu erfüllen.

Auch Länder außerhalb Europas können von der Energiewende lernen und profitieren. Deswegen setzen wir auf Energiepartnerschaften mit ausgewählten Ländern überall auf der Welt. Wir setzen uns dafür ein, dass auch dort verstärkt auf erneuerbare Energien und energieeffiziente Technologien gesetzt wird. So hat Deutschland etwa Energiepartnerschaften mit Marokko und Tunesien, wo beste Voraussetzungen für die Produktion von Strom aus Wind und Sonne herrschen. Die Energiepartnerschaften schaffen zugleich Arbeitsplätze in diesen Ländern. Und eines Tages könnte sogar günstiger Strom aus erneuerbaren Energien von Nordafrika über ein Seekabel nach Europa und Deutschland geliefert werden.

Vielen Dank für das Interview.

 

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