Zukunft diskutieren

von Marie Heinrichs

Auf die Plätze fertig – diskutieren! Und das mit den Großen. Im Rahmen einer Podiumsdiskussion konnten junge Menschen in Sachen Energiewende Fragen stellen und Antworten von Experten einfordern. Das Projekt „Die Energiewende in Deutschland – ein Modell für Europa?“ fand damit am 26. Februar 2014 seinen Abschluss.

Der Veranstaltungsraum im Europäischen Informationszentrum (EIZ) in Berlin ist um 11.30 Uhr bereits gut gefüllt. Dumpfes Gemurmel drängt von den blau gepolsterten, ordentlich aufgereihten Stühlen. Im Eingangsbereich ist ein großes Buffet aufgebaut. An einem Cocktailtisch wird fleißig hinter die Namen der Besucher auf einer Liste ein Häkchen gesetzt.

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Fast alle Stühle in dem Raum in der Voßstraße 22 sind besetzt.
Doch was wie ein normaler Tagungsraum aussieht, ist heute auch Raum für eine spannende Abschlussdiskussion mit jungen Menschen aus ganz Deutschland. Mit kreativen Projekten haben diese die Teilnahme an einer Workshop-Reihe gewonnen durch die sie Informationen über ein besonders wichtiges Thema sammeln – und darüber diskutieren: Die Energiewende. Die von der Deutschen Gesellschaft e.V. durchgeführte und vom Presse- und Informationsamt der Bundesregierung geförderte Veranstaltungsreihe führte die Schülerinnen und Schüler mit dem Projekt „Die Energiewende in Deutschland – ein Modell für Europa?“ seit September 2013 bundesweit zu von der EU geförderten Orten, die in Sachen Energiewende einen Schritt nach vorne gegangen sind. „Meine zwei Freunde und ich waren beim Technologie-Transfer-Zentrum (TTZ) Bremerhaven“, erzählt mir der Schüler Johannes aus Bremerhaven bevor es losgeht, „ sie befassen sich zum Beispiel mit den technischen Umsetzungen und Forschungen der Energiewende.“

Mit einer Podiumsdiskussion findet die informative Reihe nun in der Voßstraße 22 in Berlin ihren Abschluss. Reichlich mit Broschüren bestückt nehmen die letzten Eintretenden Platz. Nahezu jeder Stuhl ist besetzt. Die Podiumsteilnehmerinnen und -teilnehmer lassen sich auf ihren Sitzen nieder und schenken sich unauffällig einen Schluck Wasser in ihr Glas. Es stehen große Fragezeichen im Raum. Fragen danach, ob die Energiewende geeignet ist, um uns neue Chancen zu gewähren? Und welche Rolle Deutschland dabei spielt?

 

„Wo stehen wir?“

Podium
Die Experten bereiten sich auf dem Podium vor. Von links nach rechts: Birgit
Holfert, Severin Fischer, Michael Popp, Franzjosef Schafhausen, Andreas Jung
und Gert Sanders.
Nach einer kurzen Begrüßung wird das Wort an den Moderator Michael Popp weitergegeben, der die Teilnehmer bittet sich kurz vorzustellen. Für jeden – Franzjosef Schafhausen, Andreas Jung, Gert Sanders, Severin Fischer und Birgit Holfert – fünf Minuten. Diese Zeitspanne gestaltet sich, wie zu erwarten, als zu kurz, um in ein solch komplexes Thema einzusteigen. Und wie umfangreich es tatsächlich ist, zeigt sich auch in den nächsten zwei Stunden. Jeder der fünf Personen auf dem Podium ist Experte in einem bestimmten Bereich. „Wo stehen wir?“, fasst der Podiumsexperte Franzjosef Schafhausen zu Beginn die Frage ganz gut zusammen. Schafhausen arbeitet im Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit als Abteilungsleiter im Bereich Klima und Internationales und stellt sich als erster vor. „Wir setzen hier nicht nur das Thema Klimaschutz, sondern auch auf Zukunft und Innovation, und das nicht nur von technischer und wirtschaftlicher Seite“, schließt er daran an.

Holfert und Fischer
Holfert und Fischer. Fischer stellt sich vor.
Wichtig sei vor allem, dass die Debatte nicht auf den Stromsektor beschränkt bleibe, so Severin Fischer. Fischer ist Wissenschaftler der Stiftung Wissenschaft und Politik. Damit befasst sich auch das halbstaatliche Unternehmen „dena – Deutsche Energie-Agentur“. Andreas Jung ist Geschäftsführer und erklärt, auch Wärme und das Verkehrssystem seien relevant, sowie eine Kosteneffizienz im System.

Handys und die Energiewende

Nach einer Stunde Vorstellung ist Zeit für Diskussion und Fragen. Und davon gibt es reichlich. Nach anfänglicher Zurückhaltung schnellen einige Hände hoch.

Diskussion
Zeit für Diskussionen: Bettina Hansen aus dem Publikum stellt eine Frage.
Frau Bettina Hansen aus dem Publikum, Lehrerin aus Darmstadt, erkundigt sich, ob der Fokus richtig gesetzt und auch die Bildung miteingeschlossen sei. Jung ist der Meinung: „Wir brauchen mehr in dem Bereich Bildung, Ausbildung und Fortbildung. Das Bewusstsein ist der erste Punkt. Der zweite ist, dass wir Bildung brauchen, damit wir eine bessere Akzeptanz haben.“ Aber letztendlich könne sich auch jeder einzelne selbst überprüfen.
Daran schließt sich Gert Sanders, Geschäftsführer der BUNDJugend an. Der Bundesverband organisiert Projekte und Proteste gegen den Klimawandel. Es müssten viel mehr Projekte wie der Kleidertausch stattfinden und es müsse mehr Verantwortung auch von Verbraucherseite kommen. „Jeder kann sich die Frage stellen: Brauche ich wirklich jedes Jahr ein neues Handy?“, sagt Sanders und blickt fragend in die Runde. „Es gibt viele Möglichkeiten Energie zu sparen“, ergänzt Birgit  Holfert, „es hilft schon sein Ladekabel nicht in der Steckdose zu lassen.“ Holfert ist Referentin für Energieberatung der Verbraucherzentrale Bundesverband.

Florian und Christian
Florian, 15 und Christian, 15, aus Rendsburg. Sie haben eine Exkursion zu einer
Pilotanlage gemacht.
„Und warum werden Windparks zum Beispiel nicht ans Netz geschlossen?“, möchte ein Junge in der zweiten Reihe wissen. Die Frage bringt selbst die Experten in Verlegenheit. Denn auf Grund fehlender Stromleitungen und drohender Netzüberlastungen müssen Windparks häufig zwangsweise abgeschaltet und können somit nicht ans Netz geschlossen werden. Andernfalls würde es zu negativen Strompreisen kommen. Das sei nicht Kern einer europäischen Debatte, so Fischer, sondern ein Problem, welches hier speziell gelöst werden müsse. Dass der Leitungsbau noch nicht optimal synchronisiert ist mit dem Bau der Anlagen, wurde bereits zuvor analysiert.

„Aber die Stromerzeugung ist trotzdem auch ein gemeinsamer Betrieb und da braucht man nicht nationale, sondern europäische Regeln“, sagt Fischer. Auch der 12-jährige Gustav aus Berlin findet: „Ich denke, es sollte noch mehr Vernetzung geben, so dass alle zusammen arbeiten.“

Nicht im Dunkeln sitzen

Am Ende überzieht die Diskussion wegen der vielen Fragen um fünf Minuten und weitere Fragen müssen leider gekürzt werden. Jedoch haben die Diskussionen die Stimmung des Raumes deutlich belebt.

Gustav und Anna
Gustav, 12 und Anna, 12, aus Berlin. Sie schreiben einen Bericht für die Schüler-
zeitung.
Doch das große Fragezeichen bleibt, als sich alle mit viel Applaus von ihren Sitzen erheben und zum Imbiss schlendern. „Es war eine sehr interessante Podiumsdiskussion. Dadurch konnte man sich wieder bewusst machen, dass das ein langer Prozess mit vielen Hindernissen ist“, fasst der 17-jährige Benjamin aus Wittenberg zusammen. Er besuchte im Rahmen der Exkursion eine Biogasanlage. Während die Komplexität umso deutlicher hervor tritt, scheinen tatsächliche Lösungen jedoch weit entfernt. Das findet auch Anna aus Berlin. Die 12-Jährige schreibt einen Bericht der Veranstaltung für ihre Schülerzeitung und meint: „Es ist schon so, wie ich mir das vorgestellt habe. Also so, dass sie es selten auf den Punkt gebracht haben. Sie haben sich hohe Ziele gesetzt und ich erhoffe mir, dass sie diese Ziele einhalten.“

Während jeder nach anderen Antworten sucht, so sind sich in einem Punkt jedoch alle einig: Die Energiewende betrifft jeden, besonders die Jugend.

„Die Energiewende ist eine grundlegende Frage, essentiell dafür, die Umwelt zu schützen und dafür, die nächsten Generationen aufrecht zu erhalten. Schließlich wollen wir ihnen eine Welt übergeben, in der nicht alles zerstört wurde“, sagt Benjamin und nimmt sich ein Wasserglas vom Buffet. Auch Christian ist der Meinung, dass die Energiewende wichtig für die Zukunft ist: „Schließlich wollen wir später ja nicht im Dunkeln sitzen!“

 

Der Anfang vom Ende

Sebastian
Sebastian, 17, aus Wittenburg: „Die Energiewende ist eine grundlegende Frage,
essentiell dafür, die Umwelt zu schützen und dafür, die nächsten Generationen
aufrecht zu erhalten. Schließlich wollen wir ihnen eine Welt übergeben, in der
nicht alles zerstört wurde.“
Aber, dass in der Jugend auch eine besondere Chance liegt, erzählt mir Holfert, als bei einem Getränk und einem Imbiss noch Zeit bleibt für ein kurzes Gespräch: „Die Jugend ist die Zukunft, sie betrifft es. Sie müssen mitmachen, unterstützen und es fortführen. Sie denken noch freier, haben nicht immer die alten Strukturen im Kopf; sind sozusagen nicht betriebsblind. Sie können neue, spannende Ideen einbringen.“



 

 

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